Die nahezu archetypische Form von “Perlen auf einer Schnur” berührt das Mysterium des Weiblichen auf eine Weise, die das Herz zu öffnen vermag und einen Zugang zu den vergessenen Gaben der Großen Göttin ermöglicht.

Iza ist Hohepriesterin der Mutter-Göttin, zu einer Zeit als das Matriarchat bereits dem Untergang geweiht war und der Tempel und die umliegenden Dörfer angegriffen werden. Sie schildert die Ereignisse im Tempel, die Vorbereitungen auf den Kampf und die Maßnahmen, die sie ergreift, um die Priesterinnen und Dorfbewohner so gut wie möglich zu schützen.

Textauszug:

Meine Mutter hatte mehrere Wochen an dem wunderschön bestickten Leinenkleid gearbeitet, das ich trug, als mich die Familie durch das Dorf und entlang der Straße, die zum Tempel führt, geleitete. Das Linnen des Kleides hatte die natürliche Farbe von Flachs, aus dem es gesponnen war, aber meine Mutter hatte sorgfältig Kräuter gesammelt und sie gegen kostbare Beeren eingetauscht. Sie färbte damit die Fäden, mit denen sie die Blumen bestickte, die sie entlang des Halsausschnitts vorgezeichnet hatte. Sie nannte es eine Girlande der Liebe. Die Girlande würde zu dem Blumenkranz passen, den ich auf dem Kopf tragen werde. Dennoch, als ich beobachtete, wie sie mit sorgfältigen Stichen die Blüten in erlesene Blumen verwandelte, hatte ich den Verdacht, dass die Liebe, die ihre Nadel in den blassen Stoff wob, der Göttin galt und nicht mir.

Der Morgen der Übergabe

Am Morgen meiner Übergabe war ich deshalb überrascht zu sehen, dass die Augen meiner Mutter von den Tränen, die sie nachts vergossen hatte, geschwollen waren. Dieser Anblick beunruhigte mich und ein Gefühl der Verunsicherung kam zu der Überheblichkeit hinzu, die ich bis- lang vorgetäuscht hatte, da es mir bestimmt war, der Göttin zu dienen. Ich hatte mir eingeredet, dass ich nichts von Belang zurück lassen würde, wenn ich das einzige Heim, das ich kannte, verlasse. Als ich in das Gesicht meiner Mutter sah, erkannte ich, dass hinter ihrer scheinbaren Gleichgültigkeit mehr verborgen war, als ich geglaubt hatte. In diesem Augenblick verstand ich, dass wir beide unsere Herzen vor dem unabwendbaren Herannahen dieses Tages geschützt hatten. Vielleicht, weil sie meine Gedanken spürte, hatte meine Mutter meine Hand umfasst, schaute mir direkt in die Augen und sagte: »Heute stirbt eine Tochter dieses Hauses und eine Priesterin der Göttin wird geboren.«

Dann wandte sie ihren Blick ab, nahm das Kleid und zog es mir behutsam über den Kopf. Als der weiche Stoff sich um meinen Körper schmiegte, wurde mir bewusst, dass das geblümte Leinen sowohl mein Leichenhemd als auch das einzige Brautkleid war, das ich jemals tragen würde. Dieser Gedanke be wegte mein Herz und ich streckte meine Hand nach meiner Mutter aus, aber sie hatte sich schon von mir abgewandt, um sich mit dem Kranz für meinen Kopf zu beschäftigen. Meine Hand fiel zur Seite und ich ergab mich dem Schicksal, das mich erwartete.
Anna Ulrich

Über die Autorin:

Rhea Powers arbeitet als spirituelle Lehrerin in den USA, Argentinien, Deutschland und der Schweiz. Neben ihrer langjährigen Arbeit als Past-Life-Therapeutin war sie 12 Jahre lang Schülerin der Ridhwan School und hat dort die Lehrerausbildung absolviert. Seitdem ist ihre Arbeit stark vom Diamond Approach beeinflusst. In Europa leitet sie seit 1985 Seminare und Trainings.

Sieben ihrer Bücher sind bisher auf Deutsch erschienen und wurden über 100.000-mal gekauft. Jetzt ist ihr erster Roman “Perlen auf einer Schnur” in deutscher Übersetzung von Agnesch Weltner erschienen.

Rhea lebt mit ihrem Mann in Denver, Colorado.

Perlen auf einer Schnur
Rhea Powers

Broschiert: 232 Seiten, 19,80 €
Verlag: WunderbarMedia:Publishing (Nova MD); Auflage: Erstauflage (8. Februar 2019)
ISBN-10: 3964439304
ISBN-13: 978-396443930

Hier geht’s direkt zum Buch: Perlen auf einer Schnur: Ein Initiations-Geschichte